Partizipative Praxis in Ganztagsschulen

Was erwartet Sie in diesem Modul?

Das Themenmodul „Partizipative Praxis in Ganztagsschulen“ nimmt Praxisbeispiele auf und bietet Pädagog:innen Anregungen, wie sie eine partizipative Praxis innerhalb ihrer Ganztagsschule weiter etablieren und systematisch stärken können: In erster Linie durch partizipative Bildungselemente für und mit Schüler:innen und Beteiligungsformate für alle Akteursgruppen.

Was verstehen wir unter Partizipativer Praxis?

Eine gute Schule erkennt man auch an ihrer partizipativen Praxis. Die Teilhabe der gesamten Schulgemeinschaft an der Gestaltung des Schullalltags verbessert die Qualität und Akzeptanz und stärkt gleichzeitig das Demokratieverständnis, die demokratischen Kompetenzen und die Selbstwirksamkeit aller Beteiligten. Insbesondere die Schüler:innen sind in ihrem Willen und mit ihrer Meinung zu beteiligen. Gleichzeitig gilt es, der Beteiligung des multiprofessionellen Kollegiums und der Sorgeberechtigten große Bedeutung zuzumessen. Besonders muss darauf geachtet werden, Teilhabebarrieren zu beseitigen und durch diskriminierungskritische Maßnahmen und Empowerment alle Perspektiven einer heterogenen Schulgemeinschaft einzubeziehen. Idealerweise ist die Schule dann ein demokratischer Ort, an dem Inklusion gelebt wird.

Partizipative Praxis in der Ganztagsschule – was ist hieran besonders?

Partizipative Praxis ist einer der drei Rahmenbereiche der Qualitätsstandards für die inklusive Berliner Ganztagsschule. Mit dem erweiterten zeitlichen Rahmen haben Ganztagsschulen mehr Möglichkeiten, partizipative Bildungselemente für und mit Schüler:innen auszubauen und Beteiligungsformate für alle Akteursgruppen zu etablieren. Kurz gesagt: Weil die Ganztagsschule ein Lebensort ist, ist eine gelebte partizipative Praxis hier besonders bedeutsam.

Durch die Möglichkeit der Verzahnung verschiedener Bildungselemente, wie z.B. der politischen Bildung im Unterricht und anschlussfähigen demokratiebildenden Formaten, können Inhalte besser nachvollzogen und in das Selbstkonzept der Schüler:innen integriert werden. Schüler:innenvertretung und Klassenrat wurden im Schulgesetz nochmals gestärkt und Schüler:innen sollen früher, also ab der ersten Jahrgangsstufe beteiligt werden. Formuliert wird dieser Anspruch auch in den Qualitätsstandards für die inklusive Berliner Ganztagsschule (v.a. S. 20 f. und P2/5): Insbesondere die Schüler:innen sollen in der Ganztagsschule die Gelegenheit haben, Praktiken demokratischer Meinungsbildung Mitwirkung kennenzulernen, einzuüben und anzuwenden. Wenn Sie darüber nachdenken, wie Sie partizipative Bildungselemente an Ihrer Ganztagsschule ausbauen können, sehen Sie hier einen Fundus von Beispielen – unterschieden nach Partizipation als Gemeinschaftserleben und Partizipation als Teilhabe und Aushandlung.

Partizipation als Gemeinschaftserleben

Insbesondere durch das vielfältige Angebot und auch die ungebundenen Zeiten des Ganztages sichern Ganztagsschulen Räume für Gemeinschaftserfahrungen, Freundschaften und Bezugsgruppen. Dadurch können sich die Beteiligten als bedeutsam und verantwortlich erfahren und Zugehörigkeit erleben. Gemeinschaftliche Praxen dieser Art lassen sich befördern z.B. durch

Partizipation als Teilhabe und Aushandlung

Partizipation kann als Teilhabe und Aushandlung erlebbar werden, wenn die Schüler:innen ihre Ganztagsschule als Ort erfahren, an dem sie sich mit Anliegen der Gemeinschaft identifizieren, sich durch soziales Engagement als handlungskompetent und selbstwirksam erleben (s. dazu auch Handreichung ÜT).
Dies kann geübt werden durch die Anerkennung anderer Sichtweisen, das Suchen nach Kompromissen, die Akzeptanz von Unterschiedlichkeit aber auch durch die Festigung eigener Positionen und die Möglichkeit zur Umsetzung eigener Anliegen – so z.B. durch…

Wo steht Ihre Schule im Hinblick auf Partizipation? Hier finden Sie die Checkliste aus den Qualitätsstandards für die inklusive Berliner Ganztagsschule. Die Checkliste können Sie für die Erhebung des Ist-Standes ebenso nutzen wie für die Identifikation von Entwicklungsbedarfen und die Planung nächster Schritte.

Wie machen es andere und wo trafen sie auf besondere Herausforderungen? Die hier portraitierten Schulen haben mit viel Engagement und Gestaltungswillen eine partizipative Praxis etabliert, die bei den Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu Beteiligung und Identifikation beiträgt. Welchen Weg die Schulen dafür gegangen sind und wie sie gelebt wird, können Sie in den folgenden Portraits nachlesen. Hier finden sich die oben beschriebenen partizipativen Bildungselemente je unterschiedlich kombiniert.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei den Schulen für die Einblicke in ihre Arbeit!

  • Rosa-Parks-Grundschule: An der Kreuzberger Rosa-Parks-Grundschule wird Partizipation großgeschrieben. In ihrer Vision für das Jahr 2032 zeigt die Schule, wie aus Projekten und Initiativen eine Ganztagsschule wird, in der Schüler:innen jeden Tag mitgestalten.
  • Nürtingen-Grundschule: Was bedeutet Vielfalt für den Alltag einer Grundschule? Die Nürtingen-Grundschule in Berlin-Kreuzberg zeigt, wie diversitätssensible und rassismuskritische Schulentwicklung gelingt – und alle einbindet.
  • Hermann-Hesse-Gymnasium: Innerhalb eines Jahrzehnts von einer baufälligen Problemschule zu einer Vorzeigebildungsstätte, mit der sich Schüler:innen, Lehrer:innen und Eltern leidenschaftlich identifizieren: Das Hermann-Hesse-Gymnasium in Berlin-Kreuzberg ist beispielhaft dafür, was partizipative Praxis und Engagement bewirken können.

Weitere Praxisbeispiele:

  • Die Fritz-Karsen-Gemeinschaftsschule ist Vorreiterin unter den weiterführenden Schulen und wurde als demokratische Schule ausgezeichnet. Lesen Sie hierzu den Bericht auf ganztagsschulen.org
  • Weitere gute Praxisbeispiele hat das DKJS-Programm „OPENION – Bildung für eine starke Demokratie“ hier für Sie gesammelt und aufbereitet. Sie können die Beispiele auf der Website nach Bundesländern filtern, um insbesondere Berliner Projekte kennenzulernen.
  • Wie partizipative Schulentwicklung dazu beitragen kann, der Benachteiligung von Kindern im Schulleben entgegenzuwirken, wird im Beispiel der Till-Eulenspiegel-Schule Mölln sowie der Grund- und Gemeinschaftsschule Boostedt deutlich, beides Schulen aus dem DKJS-Programm Vielfalt entfalten in Schleswig Holstein.
  • Die Theodor-Storm-Grundschule in Berlin-Neukölln hat 2022 den Helga-Moericke-Preis der DeGeDe bekommen. Die Entwicklung des Leitbildes geschah im Worldcafé mit allen Akteur:innen.

Weitere Links und Tipps zum Thema Partizipation

MATERIAL:

  • Wie die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung Beteiligung und Partizipation fördert, lesen Sie hier – von allgemeinen Anregungen bis hin zu ausgefeilten Vorlagen für Workshops und andere Formate, wie z.B. die „Toolbox Kinderbeteiligung.“
  • Die Checkliste Schüler:innenmitwirkung gibt Hinweise, an welchen Stellen Schulen aktiv werden können, um gute Rahmenbedingungen für Schüler:innenmitwirkung zu schaffen. Das Material wurde vom im Rahmen des DKJS-Programms Mitwirkung mit Wirkung für Schulen im Freistaat Sachsen entwickelt, ist aber auch für Berliner Ganztagsschulen eine hilfreiche Orientierung.
  • Auch die Materialien für die Bildungsarbeit mit Jugendlichen und Erwachsenen vom Institut für Menschenrechte, insbesondere die Broschüre Kinderrechte und Partizipation (Modul 5) ist sehr zu empfehlen.

O-TÖNE:

  • Was Kinder sich konkret von der Schulpolitik wünschen, haben rund 80 Grundschüler:innen aus Berlin beim Schüler:innen-Kongress „So sieht’s aus: Unser Blick auf Ganztagsschule!“ am 1.6.2023 zusammengetragen. Dieser Film gibt Einblick in den Tag und fasst die Botschaften der Kinder zusammen.
  • Lesen Sie beim Berliner jugendFORUM 2022 die Perspektive und Forderungen von Jugendlichen – auch für den Bereich Schule.

IDEEN:

Partizipation im Kontext von Demokratiebildung

ANREGUNGEN & IDEEN:

  • Fachinformationen, Beratungshinweise sowie Unterstützungs- und Fortbildungsmöglichkeiten zur Entwicklung einer demokratischen Lern- und Organisationskultur finden Sie
  • Im Projekt OPENIONBildung für eine starke Demokratie und dem Kompetenznetzwerk „Demokratiebildung im Jugendalter“ finden Sie aktuelle Informationen rund um das Thema zeitgemäße Demokratiebildung.
  • Und bei „proRespekt – gewaltfreie Schulen demokratisch gestalten“ findet eine Begleitung von Schulen statt, um eine von Anerkennung und Sicherheit geprägte Schulkultur zu fördern – durch Gewaltprävention, Demokratiebildung und die Verringerung von Schuldistanz.
  • Das Contigo-Programm bietet Kollegien Unterstützung für ein demokratisches und gewaltfreies Zusammenleben aller Gruppen. Das Hauptaugenmerk gilt dabei dem Mobbing unter Schüler: innen, sehen Sie hierzu vor allem die Berlin-Brandenburger Anti-Mobbing-Fibel.

HINTERGRUND:

Antidiskriminierung als Voraussetzung für Partizipation

MATERIAL:

  • Einen Leitfaden zum Schutz vor Diskriminierung an Schulen für Berlin wurde von der Anlaufstelle Diskriminierungsschutz an Schulen (ADAS) und LIFE e.V. erstellt und ist sehr zu empfehlen.
  • Der Index für Inklusion beinhaltet einen umfassenden Fragenkatalog, der zum Austausch über Praktiken, Kulturen und Strukturen an der eigenen Schule anregt mit dem Ziel, Barrieren für Lernen und Teilhabe zu identifizieren und überwinden.
  • Auch die Materialien für die Bildungsarbeit mit Jugendlichen und Erwachsenen vom Institut für Menschenrechte, insbesondere die Broschüre Schutz vor Diskriminierungen (Modul 2) ist sehr zu empfehlen.

HINTERGRUND: Für gelingende Partizipation braucht es diskriminierungskritische Haltungen auf Seiten der Pädagog:innen. Im Projekt Vielfalt entfalten – Gemeinsam für starke Schulen (DKJS) sind u.a. Themendossiers und Impulsvorträge zu folgenden Themen entstanden:

Ihr Feedback ist uns wichtig!
Vielen Dank, dass Sie sich zwei Minuten Zeit nehmen, um uns zu helfen, diesen Bereich stetig zu verbessern.

Gibt es an Ihrer Schule auch ein Praxisbeispiel, das Sie gerne mit anderen Schulen teilen möchten? Bitte nehmen Sie Kontakt zu uns auf.